Kreisbrandmeister und Verband ziehen Bilanz: Herausforderungen und Zukunft im Brand- und Katastrophenschutz
Ort: Königsbronn
Datum / Uhrzeit: 11.10.2024
KÖNIGSBRONN (sam) “Volles Haus” am vergangenen Freitag in der Hammerschmiede in Königsbronn: Kreisbrandmeister Michael Zimmermann und der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbandes Heidenheim Hans-Frieder Eberhardt, hatten zur Dienstversammlung der Kommandanten sowie zur Verbandshauptversammlung eingeladen. Vertreter der Landkreiswehren sowie anderer Blaulichtorganisationen, Gäste aus der Politik und zahlreiche Ehrengäste wurden durch Bürgermeister und Gastgeber Jörg Weiler am Brenztopf begrüßt. So zog man an diesem Abend Bilanz aus dem vergangenen Jahr 2023, blickte aber auch auf aktuelle Krisen und Herausforderungen, welchen sich die Feuerwehren stellen müssen.
Eine beeindruckende Bilanz können die elf Feuerwehren im Landkreis auch für das vergangene Jahr aufzeigen: Rund 1479 Feuerwehrangehörige leisteten 1311 Einsätze unterschiedlichster Art. Die sechs Werkfeuerwehren, mit 172 aktiven Mitgliedern im Kreis, wurden 2023 zu 485 Einsätzen gerufen.
Der Kreisbrandmeister und Fachbereichsleiter für Brand- und Katastrophenschutz des Landkreises Heidenheim blickt auf ein ereignisreiches Jahr zurück, das von außergewöhnlichen Einsätzen, klimatischen Veränderungen und globalen Krisen geprägt war. Trotz dieser Herausforderungen haben die Feuerwehren des Landkreises ihren bewährten Dienst geleistet und sich immer wieder an die neuen Anforderungen des modernen Katastrophenschutzes angepasst. Besonders hervorzuheben sei die Arbeit der aus den Feuerwehren Herbrechtingen und Giengen bestehenden Führungsgruppe des Landkreises, die bei größeren Einsatzlagen mit hohem Engagement hervorragende Unterstützung leistet. Auch an der Entwicklung des Führungsstabs werde kontinuierlich weitergearbeitet, der bei Großschadenslagen oder sonstigen Aufgaben mit hohem Koordinierungsaufwand für die Gemeindefeuerwehren und den Landkreis von zentraler Bedeutung sei.
Braucht der Bevölkerungs- und Katastrophenschutz ein „Update“?
Eine der Kernfragen, die der Kreisbrandmeister stellt, betrifft den Zustand des Bevölkerungsschutzes. Ist dieser ausreichend ausgestattet und auf Krisen vorbereitet? Während Zimmermann das Feuerwehrwesen im Landkreis als sehr gut bewertet, fordert er ein Handeln, um den Bevölkerungsschutz, ergänzt um den Bereich „zivile Verteidigung“, zukunftsfähig zu machen. Besonders der demografische Wandel und der Klimawandel würden den Bevölkerungsschutz vor immense Herausforderungen stellen. Zimmermann zitierte den ehemaligen Landesbranddirektor, einstigen THW-Präsidenten und Amtsleiter der Berliner Feuerwehr a.D. Albrecht Broemme, der betont, dass der Katastrophenschutz nicht nur in technischer Ausstattung verbessert werden muss, sondern dass auch die veränderten Bedingungen durch den Klimawandel und den Rückgang der Einsatzkräfte Berücksichtigung finden. „Katastrophenschutz sind nicht nur die rund 2 Millionen überwiegend Ehrenamtlichen in den Hilfsorganisationen, die jederzeit bereitstehen sollen“, so der ehemalige THW-Präsident
Als besonders beunruhigend beschreibt Zimmermann die Auswirkungen der globalen Klimaveränderungen, die Extremwetterereignisse wie Starkregen und Hitzewellen häufiger machen. „Der Katastrophenschutz muss flexibler und resilienter werden. Dabei ist aber auch die Bevölkerung gefordert, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen und sich auf Krisensituationen vorzubereiten“, so Zimmermann.
Ein weiteres zentrales Thema in der Rede des Kreisbrandmeisters war die Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Kräften. Die Bundeswehr, die sich zunehmend auf Landes- und Bündnisverteidigungsaufgaben konzentrieren muss, wird in Zukunft möglicherweise weniger Ressourcen für den Katastrophenschutz bereitstellen können. Dies erfordere eine enge Kooperation zwischen zivilen Behörden und der Bundeswehr, um im Krisenfall alle Ressourcen optimal zu nutzen.
Die Herausforderungen im Bevölkerungsschutz und in der zivilen Verteidigung seien zahlreich, und der Kreisbrandmeister macht deutlich, dass es “fünf vor zwölf” sei. Es bedarf dringend neuer Priorisierungen, um die bestehenden und kommenden Aufgaben im Katastrophenschutz zu bewältigen. Dabei sollten Ehrenamtliche Hilfskräfte auch durch weiteres hauptamtliches Personal, unter anderem in den Katastrophenschutzbehörden, weiter gestärkt und entlastet werden.
Ein weiteres Augenmerk richtete Zimmermann auf die personellen Engpässe bei den Feuerwehren im Tagesdienst. Gerade tagsüber seien spezialisierte Einsatzkräfte wie Atemschutzgeräteträger oder Maschinisten Mangelware. Hier sieht er die Kommunen, aber auch ortsansässige Firmen in der Pflicht, durch die Bereitstellung von ehrenamtlichem Personal die Einsatzfähigkeit ihrer Wehren zu stärken
Trotz aller Herausforderungen und Probleme bleibt der Kreisbrandmeister optimistisch: „Es gibt kein Erkenntnis-, sondern ein Lösungsproblem, und die Feuerwehren des Landkreises haben in der Vergangenheit immer bewiesen, dass sie auch große Herausforderungen meistern können“. Abschließend dankte er allen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kräften, die sich unermüdlich für die Sicherheit der Bevölkerung einsetzen. Ihr Engagement sei unverzichtbar für die Zukunft des Katastrophenschutzes.
„Die Weichen für die Zukunft müssen nun gestellt werden, um den Schutz der Bevölkerung und die Sicherheit der Gemeinschaft weiter an oberste Stelle zu setzen“, so Zimmermann.
Feuerwehr im Landkreis Heidenheim meistert Herausforderungen mit Bravour
Das vergangene Jahr habe erneut gezeigt, so Landrat Peter Polta in seinen Grußworten, wie essenziell die Feuerwehren im Landkreis Heidenheim sind. Trotz einer steigenden Zahl an Einsätzen, darunter Unwetter- und Starkregenereignisse, Großbrände sowie schwere Hilfeleistungs- und Gefahrguteinsätze, bewältigten die Einsatzkräfte diese Herausforderungen mit beeindruckender Professionalität. Möglich sei dies unter anderem durch eine solide Ausbildung und moderne Ausrüstung, unterstützt durch eine enge Zusammenarbeit der Wehren im gesamten Kreis.
Besonders hervorzuheben sei, so Polta, dass die meisten Feuerwehrleute ehrenamtlich tätig sind und ihren Dienst neben Beruf und Familie ausüben. Dieses Engagement verdiene höchsten Respekt und Anerkennung.
Erfolgreiche Investitionen und Infrastrukturprojekte
Das Jahr 2023 brachte, so der Landrat, einige positive Entwicklungen mit sich. Durch diverse Förderprogramme konnten so mehrere neue Fahrzeuge und Ausrüstungen beschafft werden, was die Einsatzfähigkeit der Feuerwehren weiter verbessere. So wurden insgesamt zwölf Förderanträge mit einer Fördersumme von rund 816.500 Euro bewilligt. Das Gesamtbeschaffungsvolumen lag hier bei fast 7,8 Millionen Euro. Zu den wichtigen Projekten zählen hierbei der Neubau des Feuerwehrhauses in Sontheim und Zang. Auch in Herbrechtingen und Giengen werden künftig neue Einsatzleitwagen (ELW) zum Einsatz kommen, während in Giengen, Burgberg, Herbrechtingen-Bissingen und Königsbronn-Zang je ein Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (HLF 10) den Fuhrpark verstärkt. Zusätzlich wurde Heidenheim-Großkuchen mit einem neuen Mannschaftstransportwagen (MTW) ausgestattet.
Die Feuerwehren in Dischingen, Niederstotzingen, Königsbronn und Giengen haben zudem erfolgreich auf Digitalfunk umgestellt – eine Maßnahme, so Polta, die für eine moderne und effiziente Kommunikation im Einsatz unverzichtbar ist.
Zukunftsweisende Maßnahmen im Bevölkerungsschutz
Die Feuerwehren stünden nicht nur bei Bränden und Unwetterlagen im Fokus, so der Landrat, sondern auch im Bereich des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes, der durch globale Krisen an Bedeutung gewonnen hat. Hierbei spielen Notfallpläne, die Sicherstellung der Notstromversorgung und die Krisenkommunikation eine zentrale Rolle. Der Landkreis Heidenheim habe seine Strukturen durch Schulungen und eine umfassende Schadensanalyse bezüglich eines möglichen flächendeckenden Stromausfalls weiter gestärkt.
Ein weiterer Schwerpunkt liege auf der Klimafolgenanpassung, insbesondere dem Schutz vor Hitze, Starkregen und Vegetationsbränden. Der Landkreis arbeite hierfür eng mit den Gemeinden zusammen, um Lösungen für zukünftige Herausforderungen zu finden.
Als herausragendes Projekt beschrieb der Landrat den Bau der Integrierten Regionalleitstelle Ostwürttemberg, die als zentrale Koordinierungsstelle für den Bevölkerungsschutz im Landkreis Heidenheim und dem Ostalbkreis fungieren wird. Dieses Großprojekt werde eine qualitativ hochwertige Notrufannahme und Einsatzkoordination gewährleisten.
Die Feuerwehren im Landkreis Heidenheim haben sich erneut als zuverlässige und unverzichtbare Stütze für die Bevölkerung erwiesen, so Polta. Dank der umfangreichen Investitionen in die Ausstattung und die enge Zusammenarbeit der Wehren kann der Landkreis auf eine starke und zukunftssichere Feuerwehrstruktur bauen, die auch in Krisensituationen schnell und effizient reagiert.
Nach den Grußworten von Clara Resch, Landtagsabgeordnete „Die Grüne“ und Nachfolgerin von Martin Grath, und Mitglied des Landtages Andreas Stoch (SPD), folgte nach musikalischen Klängen des Spielmannzuges der Feuerwehr Giengen die Hauptversammlung des Kreisfeuerwehrverbandes.
Verband fordert „Zeitenwende“ im Zivil- und Katastrophenschutz
Hans-Frieder Eberhardt, der im vergangenen Jahr nach Uli Steeger den Vorsitz des Kreisfeuerwehrverbandes übernahm, blickte auf die Verbandsarbeit im vergangenen Jahr zurück, bezog aber auch Stellung zum Thema Zivil- und Katastrophenschutz. „In einer Welt, die von Kriegen und Naturkatastrophen erschüttert wird, bleibt der Zivil- und Katastrophenschutz eine zentrale Säule, um die Folgen menschlicher Tragödien abzumildern“. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022, den Terrorakt der Hamas im Oktober 2023, den eskalierenden Konflikt im Gazastreifen sowie die bewaffneten Auseinandersetzungen in Äthiopien, Myanmar und Sudan, habe die globale Sicherheitslage erheblich gelitten. Diese Ereignisse verdeutlichen die Zerbrechlichkeit des weltweiten Friedens, so Eberhardt. Aber auch Naturkatastrophen wie das Erdbeben in der Türkei und Syrien, das über 50.000 Menschen das Leben kostete, und massive Überschwemmungen in Deutschland Ende 2023, unterstreichen die Dringlichkeit einer Stärkung des Katastrophenschutzes. In all diesen Krisen seien es Feuerwehrleute und andere Hilfsorganisationen, die an vorderster Front stehen um Menschenleben zu retten und das Leid zu lindern. Politiker seien nun gefordert, so der Appell von Eberhardt, die Infrastruktur des Zivil- und Katastrophenschutzes dringend zu modernisieren. Eine „Zeitenwende“ wäre hier ebenso notwendig wie in militärischen Fragen. Eberhardt weiter: „Nur durch adäquate Finanzierung und eine offene Diskussion über mögliche Reformen, wie etwa einen verpflichtenden Gesellschaftsdienst, können die Herausforderungen der Zukunft bewältigt werden“. Aber auch eine personelle Verstärkung des Fachbereichs Brand- und Katastrophenschutz sieht der Verbandsvorsitzende in Anbetracht der wachsenden Aufgaben als erforderlich an und zeigt seine Gesprächsbereitschaft zu einem konstruktiven Austausch mit den Verantwortlichen.
Kreisfeuerwehrverband – Ein verlässlicher Partner der Feuerwehren
Der Kreisfeuerwehrverband Heidenheim zeigte sich im Jahr 2023 einmal mehr als zuverlässiger Partner für Kommunen und Hilfsorganisationen. Dank solider Zusammenarbeit und regelmäßiger Fortbildungen, konnten Feuerwehren auf Landkreisebene ihre Einsatzbereitschaft unter Beweis stellen, sei es bei Unwetterlagen oder anderen Krisensituationen. Veranstaltungen wie der Kreisfeuerwehrtag in Demmingen und der Kreisfeuerwehrmarsch in Gerstetten stärkten zusätzlich den Zusammenhalt der Einsatzkräfte.
Der Verband blickt optimistisch in die Zukunft, insbesondere im Hinblick auf den Kreisfeuerwehrtag 2026, der im Rahmen des 150-jährigen Jubiläums der Freiwilligen Feuerwehr Sontheim gefeiert wird. Die aktive Nachwuchsförderung, vornehmlich in der Jugendfeuerwehr, bleibt dabei ein zentraler Fokus. Ein wachsender Anteil von Jugendlichen im Dienst zeige, dass die Basis für zukünftige Einsatzkräfte Stand jetzt gesichert sei.
Neben der Einsatzarbeit war die Feuerwehr auch in der psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) aktiv. Im Jahr 2023 feierte die PSNV ihr 25-jähriges Jubiläum und gründete ein Einsatznachsorgeteam, um Einsatzkräfte nach belastenden Einsätzen zu unterstützen.
Die Feuerwehren, die mit unermüdlichem Engagement für die Sicherheit der Bürger sorgen, verdienen unsere höchste Anerkennung. Sie zeigen uns, dass in Zeiten globaler Instabilität der Schutz und das Wohl der Gemeinschaft weiterhin oberste Priorität haben. Für hervorragende und langjährige Leistungen wurden zum Abschluss Frank Ratter (Kreisstabführer a.D.) und Bernd Wiedenmann (Kreisjugendfeuerwehrwart a.D.) zu Ehrenmitgliedern des Kreisfeuerwehrverbandes Heidenheim ernannt.